Bettina Stackelberg unterstützt als Coach Menschen dabei, selbstbewusster zu werden. Die studierte Germanistin und leidenschaftliche Münchnerin ist außerdem seit über 20 Jahren Trainerin in der freien Wirtschaft sowie Vortragsrednerin. Markus Väth traf sie zum Gespräch.
Bettina, dein neues Buch heißt „Selbstbewusstsein – Wege zu mehr Stärke, Erfolg und Lebensqualität“ (Amazon-Link). Das klingt, ehrlich gesagt, ein wenig nach der Neuauflage von Tschakka-Tschakka.
Wenn sich ein potentieller Leser wegen „Tschakka-Gefahr“ vom Lesen dieses Buches abhalten lassen würde, wäre es sehr schade – denn es ist entschieden das Gegenteil von Tschakka. Weil keine drei Millionen Ausrufezeichen, Superlative und GROSSGESCHRIEBENE Wörter drin sind. Und weil ich Tschakka ätzend und unsäglich und menschenverachtend finde. Im Ernst: Zugegeben, das mit dem „Erfolg“ wollte der Verlag, weil das Buch in der „beck professionell“ – Reihe erscheint und damit ein Bezug zum beruflichen Umfeld wünschenswert war. Und „Stärke“ und „Lebensqualität“ sind in der Tat zwei Begriffe, die ich sehr stark mit Selbstbewusstsein verbinde, mein Lieblingskapitel im Buch handelt von Lebensqualität(en).
Du verwendest einmal den schönen Begriff „Regisseur des eigenen Lebens“. Was meinst du damit?
Ich erlebe immer wieder, wie unglaublich wichtig Eigenverantwortung ist, wenn wir ein glückliches und erfülltes Leben führen wollen. So viele Menschen, auch bei mir im Coaching, fühlen sich als Opfer der Umstände (der Erziehung/des Chefs/der Einsamkeit etc.), denen sie ohnmächtig und hilflos ausgeliefert sind. Sicher, häufig ist es wichtig, sich erstmal mit Auslösern, Ursachen und Wurzeln bestimmter Verhaltensweisen oder Ereignisse zu beschäftigen – um besser zu verstehen und Zusammenhänge zu sehen. Aber dann sollten wir anfangen, das Drehbuch zu unserem Lebensfilm selbst weiterzuschreiben!
Wir sind der Regisseur, wir können uns erlauben, glücklich, erfüllt und erfolgreich zu leben und wir können viel dafür tun. Wir können uns für einen bestimmten Weg entscheiden, uns Ziele setzen, uns Unterstützung holen, bei Hindernissen die Schaufel auspacken oder einen anderen Weg wählen. Wir dürfen sanft mit uns umgehen, wenn wir scheitern, wir dürfen stolz auf uns sein, wenn wir erfolgreich sind und wir wählen, was für uns ganz persönlich Erfüllung und Erfolg bedeutet. Wir haben als Regisseur die Wahl, welche Farben unser Leben hat, welche Menschen es begleiten dürfen, dass wir der Held in unserem eigenen Film sind, welche Höhepunkte und Entwicklungsschritte dieser Held erlebt. Wir sind also der Regisseur unseres eigenen Lebens!

Selbstbewusstsein ist für den Einzelnen ja ein sehr individuelles Thema. Wieviel von Bettina Stackelberg persönlich steckt in deinem Buch?
Sehr sehr viel! Immerhin hat mein Lektor nach der ersten Durchsicht extra angerufen und meinte: „Frau Stackelberg, wir drucken natürlich alles, was Sie mögen. Mir ist nur aufgefallen, dass Sie wirklich viel Persönliches preisgeben in diesem Buch. Nicht, dass Sie das später bereuen, jetzt könnten Sie noch kürzen.“
Nein, nix wurde gekürzt. Weisst Du, Markus, seit Jahren erzähle ich im Coaching, in Seminaren und auch auf Vorträgen vor vielen hundert Menschen viel von mir. Ich erzähle, dass ich auch heute noch manchmal alles andere als selbstbewusst bin, dass ich schwere Krisen, schwarze Löcher und unglaubliche (Selbst-)Zweifel sehr gut kenne. Dass ich mir dann meiner Stärken und meiner selbst so ganz und gar nicht bewusst bin, sondern nur ein kleines, schwaches Häufchen Elend. Dass ich Geldsorgen kenne und unfassbar grausamen Liebeskummer und Einsamkeit. Viele Menschen hören dies und sagen dann oft: „Also, wenn es selbst Ihnen manchmal so geht, dann brauche ich mich ja nicht zu verstecken mit meinen Ängsten!“ – und sie fühlen sich ein klein wenig besser. Wunderbar, oder? Ja, und im fünften Buch wurde es jetzt auch Zeit, von mir zu erzählen, finde ich.
Du bringst in deinem Buch sehr viele Beispiele von Menschen auf ihrem Weg zu Selbstbewusstsein. Unterschieden sich Frauen und Männer eigentlich in ihrem Begriff von „Selbstbewusstsein“?
Ich finde Verallgemeinerungen immer sehr schwierig – es gibt solche und solche Männer und solche und solche Frauen. Unterschiedliche Tendenzen beobachte ich jedoch schon: Männer zeigen in ihrer Außenwirkung deutlich häufiger Selbstbewusstsein als Frauen. „Ich bin toll, ich bin stark, ich kann Bäume ausreißen, ich hab keine Angst!“ – auch wenn es innen drin in den Männerherzen oft ganz anders aussieht. Der Indianer kennt keinen Schmerz, nur Memmen heulen: eine nicht einfache Last, die Männer da von der Gesellschaft oft aufgebürdet bekommen. Oder sie verwechseln gesundes Selbstbewusstsein mit arroganter, marktschreierischer Aufschneiderei – dann muss man nur mal kurz reinpieken und schon merkt man, wieviel heiße Luft da ist.
Bei Frauen hingegen beobachte ich sehr viel häufiger unnötige Selbstzweifel, einen ungesunden Perfektions- und Harmoniedrang. Denen stünde oft ein bisschen mehr Selbstbewusstsein gut zu Gesicht, zumal sie wirklich was auf dem Kasten haben. Und was ganz eindeutig ist: An ihrem Selbstbewusstsein arbeiten wollen ganz eindeutig mehr Frauen als Männer – ich habe deutlich mehr Leserinnen als Leser und mehr Frauen als Coaching-Klienten als Männer. Wenn es also Unterschiede in punkto Selbstbewusstsein zwischen Männern und Frauen gibt, so sind diese oft gesellschaftlich bedingt und Frauen können sich von Männern und Männer von Frauen so manche Scheibe abgeschneiden. Auf jeden Fall sollten sie über all diese Themen miteinander reden und sich austauschen – das hilft allen!
Wie beeinflussen deiner Meinung nach Medien und Gesellschaft unser Bild von Selbstbewusstsein?
Sie lassen uns weniger Wahl als uns gut täte. Gerade die Medien zeigen schon ein sehr stereotypes Bild davon, wie ein selbstbewusster Mensch zu sein hat, a la „eierlegende Wollmilchsau“: stark, erfolgreich, schön, schlank, reich, beliebt, ohne Angst und Stress, toll Grenzen setzen könnend, immer gern und kontinuierlich an sich arbeitend etc. Anstrengend, oder? Wenn wir dieses Bild von Selbstbewusstsein unreflektiert als „die Wahrheit“ annehmen, haben wir es schwer. Weil wir normale Menschen sind und nicht perfekt.
Wir müssen also den Mut und die Stärke aufbringen, unser ganz eigenes Bild von Selbstbewusstsein zu schaffen – und da hilft meines Erachtens die eigentliche Wortbedeutung sehr: sich seiner selbst bewusst sein. Wenn ich mich selbst gut kenne, kenne ich meine Stärken und meine Schwächen und bin einigermaßen im Frieden damit. Dann entscheide ich selbst, auf welche Strömung ich wirklich Lust habe und zu was ich selbstbewusst „Nein, danke!“ sage. Außerdem sollten wir Ausschau halten nach wirklich geeigneten guten Vorbildern – und die liegen sicher fernab von den Heidi Klums, Bastian Schweinsteigers, Angela Merkels dieser Welt.
Wer soll dein Buch lesen? Anders gefragt: Brauche ich erst ein „Selbstbewusstseinsproblem“, bevor ich mir dein Buch kaufen kann?
Die Geschäftsfrau in mir sagt natürlich: Möglichst viele Menschen sollten mein Buch kaufen! Im Ernst: Nein, du musst nicht gleich ein großes Problem haben, um aus diesem Buch Impulse für dich herausziehen zu können. Klar, es gibt viele konkrete Tipps und Lern-Anstöße im Buch. Es ist teilweise aber auch eher ein Nachdenk- und Vor-sich-hin-philosophier-Lesebuch rund um das Thema Selbstbewusstsein mit vielen Geschichten von Menschen und ihrem Weg zum Selbstbewusstsein.
Wer jedoch ganz eindeutig keine Freude an dem Buch haben wird: Rezeptbuchsammler, die die zehn goldenen Regeln wollen, wie es garantiert funktioniert mit dem Selbstbewusstsein. Und auch Menschen, die eine nüchterne, wissenschaftliche Sprache und viele Statistiken und Grafiken lesen wollen, sollten die knapp 20 Euro anders investieren.
Letzte Frage: Wenn du in Deutschland eine Sache verändern könntest, um möglichst vielen Menschen zu Selbstbewusstsein zu verhelfen: Was wäre das?
Welch schöne und zugleich schwierige Frage! Eines fällt mir jedoch sofort ein und dazu brauchen wir gar keine gute Fee mit dem Zauberstab: Menschen sollten viel mehr miteinander über ihre Ängste und Zweifel reden. Schaffen wir dieses Tabu ab! Sorgen wir dafür, dass auch selbstbewusste, starke und erfolgreiche Menschen schwach, zweifelnd und ängstlich sein dürfen! Und sorgen wir in unserem direkten Umfeld dafür, dass viel mehr möglich sein darf an anerkannter Lebens- und Denkweise, damit Erfolg und Selbstbewusstsein einfach ein wenig anders definiert wird.
Ich persönlich möchte das wirklich in die Welt raustragen. Das funktioniert gut mit meinen Büchern und Vorträgen. Deshalb wünsche ich mir für 2015 noch sehr viel mehr Möglichkeiten, Vorträge für interessierte, engagierte und offene Menschen halten zu dürfen.
Bettina, vielen Dank für das Gespräch.